Was ist eigentlich normal? Behinderung, psychische Krisen und der Kampf um Selbstbestimmung

Was bedeutet psychisch krank und psychisch gesund? Was bedeutet behindert und nicht-behindert? Vor 80 Jahren begann in Deutschland die Ermordung von Menschen mit Behinderung, psychischen Problemen und anderen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen. Welche Vorstellungen von Behinderung und psychischen Problemen wirken fort? Wie beeinflussen diese unsere Wahrnehmung von uns selbst und von anderen? Kann es uns gelingen, diese Grenzen zu überwinden? Was wäre, wenn wir das Konzept der Behinderung als Defizitmodell aufgeben, wenn psychische Probleme, wenn Behinderung als Teil der Normalität anerkannt wären?

  • Ausstellung: GAGA – Wahnsinnig kreativ! Video in der BR Mediathek
  • Mythos und Realität – Kunst und Wahnsinn zwischen Faszination und Ausgrenzung – Vernissage und Vortrag von Hans Ludwig Siemen
  • Last und Leid – Kontinuitäten eines Menschenbildes – Vortrag von Udo Sierck
  • Film „Alsterdorfer Passion – Die Alsterdorfer Anstalten in Hamburg“ (2018, 58 Min.) – Regie: Bertram Rotermund und Rudolf Simon
  • Film „Die dritte Option“ (2017, 78 Min.) – Regie: Thomas Fürhaupter – Anschließend Filmgespräch mit Vanessa Hartmann

Ausstellung: GAGA – Wahnsinnig kreativ!

GAGA e.V. gibt sich in Erlangen die Ehre mit einem Querschnitt aus den im Atelier entstandenen Werken. Der Verein ist gleichzeitig eine Selbsthilfegruppe für psychisch kranke Kreative, um zu malen und zu gestalten. Im Hinterhaus in der Nürnberger Südstadt treffen sich 3 mal in der Woche Mitglieder und auch Interessierte, arbeiten zusammen und tauschen sich aus. Ein- bis zweimal im Jahr stellen sie in Nürnberg, Fürth und Umland ihre Werke an unterschiedlichen Orten vor. 

Führungen der Künstler_innen:

  • 13.02. 19:00 Eröffnung der Ausstellung (mit Vortrag)
  • 28.04. 19:00 Abschlussveranstaltung
  • Öffnungszeiten der Ausstellung:
  • Montag bis Donnerstag: 09:30-14:00 Uhr
  • Dienstag und Donnerstag: bis 18 Uhr

13.02. 19:00
Mythos und Realität – Kunst und Wahnsinn zwischen Faszination und Ausgrenzung – Vernissage und Vortrag von Hans Ludwig Siemen

Die Kunst von psychiatrie-erfahrenen Menschen fasziniert und irritiert bis heute. Faszinierend scheint die Frage, wie nahe Genie und Wahnsinn liegen, wie sehr Malereien von Psychiatriepatienten Aufschluss „über die Ursprünge des Produktiven“ (Rainer Maria Rilke) geben, ob darin die „Uranfänge der Kunst“ zu finden sind. Die andere Seite ist die Ausgrenzung: 1925 rief Andre Breton in seinem „Brief an die Chefärzte der Irrenanstalten“ zur Befreiung dieser „Gefangenen der Sensibilität auf. Die Wahnsinnigen sind die Opfer par excellence der Diktatur der Gesellschaft“. Das war 1925, und wie steht es heute?
Es wird die wechselvolle Geschichte der Kunst psychiatrie-erfahrener Menschen vom letzten Jahrhundert bis heute dargestellt und wie sich die Dynamik von Faszination und Ausgrenzung des „Wahnsinnigen“ und „Verrückten“ gewandelt hat.

Dr. phil. Hans-Ludwig Siemen, arbeitet als Psychoanalytiker und Psychotherapeut in eigener Praxis. Mitbegründer der „Wabe – Verein zur Wiedereingliederung psychisch kranker Menschen“, deren Vorsitzender er 20 Jahre war.

Bei Bedarf einer Gebärdendolmetscherin bitte bis zum 04.02. anmelden (Kontakt siehe Rückseite).

11.03. 19:00
Last und Leid – Kontinuitäten eines Menschenbildes – Vortrag von Udo Sierck

Wer als behinderte Person in Beruf oder Sport gesellschaftlich anerkannte Werte erfüllt, kann mit Varianten der Inklusion rechnen. Andererseits besteht in der Gesellschaft unausgesprochen ein Zwang zur Nicht-Behinderung, der die ausgemachten Merkmalsträger auf die ‚andere Seite‘ befördert. Und nach einer aktuellen wissenschaftlichen Studie zu sozialdarwinistischen Einstellungen und Denkmustern lehnten nur 45 Prozent der repräsentativ Befragten die Vorgabe „Wie in der Natur sollte sich in der Gesellschaft immer der Stärkere durchsetzen“ völlig ab, nur 61% fanden die Aussage „Es gibt wertvolles und unwertes Leben“ grundlegend falsch. Neben Brüchen existieren Kontinuitäten, die auf behinderte Menschen zielen.

Dipl. Bibliothekar Udo Sierck, Buchautor und Dozent, zählt zu den Initiatoren der emanzipatorischen Behindertenbewegung.

Bei Bedarf einer Gebärdendolmetscherin bitte bis zum 02.03. anmelden (Kontakt siehe Rückseite).

Film „Alsterdorfer Passion – Die Alsterdorfer Anstalten in Hamburg“ (2018, 58 Min.) – Regie: Bertram Rotermund und Rudolf Simon

Ausgehend von den Euthanasieverbrechen im Nationalsozialismus zeichnet der Film die Geschichte der Alsterdorfer Anstalten bis in die 80er Jahre nach. Sie wird erzählt über die Berichte aus dieser Zeit von noch lebenden ehemaligen Bewohnern, Mitarbeitern und anderen Dokumenten. Diese lassen die Atmosphäre der damaligen Zeit sichtbar werden. Erst in den 70iger Jahren setzte durch jüngere Mitarbeiter allmählich ein Paradigmenwechsel ein. Es entstanden neue Konzepte in der Behindertenhilfe. Im Zentrum steht nun der Mensch mit Behinderung, der möglichst selbstständig sein Leben mit professioneller Unterstützung entwickeln soll.

20.04. 19:00
Film „Die dritte Option“ (2017, 78 Min.) Regie: Thomas Fürhaupter – Anschließend Filmgespräch mit Vanessa Hartmann

Was tun, wenn man erfährt, dass man ein behindertes Kind erwartet? Ausgehend von dieser Frage entwickelt Thomas Fürhapter seinen komplexen filmischen Essay: “Die dritte Option” setzt Einzelschicksale im Zeitalter von Pränataldiagnostik und Biopolitik in einen radikal gegenwärtigen und gesellschaftspolitischen Zusammenhang. Schicht um Schicht wird der Blick freigeräumt auf grundsätzliche Fragen zu Geburt, Ethik und Norm – so wird das, was nur wenige betrifft, zu etwas, das alle angeht.

Ausstellungs- und Veranstaltungsort:
Kreuz+Quer, Bohlenplatz 1, 91054 Erlangen

Kontakt: Johannes.Bretting@elkb.de

Weitere Veranstaltungen:

24.03.2020
Podiumsgespräch „Behinderung und sexuelle Selbstbestimmung“
vhs club International, Friedrichstraße 17, Erlangen

17.02. – 13.03.2020
Ausstellung „plötzlich gestorben“ – NS-Rassenhygiene 1933-1945
Rathausfoyer, Rathausplatz 1, Erlangen

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